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m e d i t a t i o n   -   e i n e    e i n f ü h r u n g

Nicolaus Klein

M E D I T A T I O N

DER WEG INS ZENTRUM DES SEINS

1.Teil: Das Wesen der Meditation

Dschau-dschou fragte seinen Lehrer Nan-tjüan: "Was ist der wahre Weg ?" Nan-tjüan sprach: "Der alltägliche Weg ist der wahre Weg." Da fragte Dschau-dschou: "Wie kann ich den Weg finden, wie kann ich ihn erlernen ?" Nan-tjüan sagte: "Wenn du den Weg suchst, so wirst du ihn nicht finden, wenn du ihn nicht suchst, so wirst du ihn auch nicht finden; wenn du ihn lernen möchtest, so wirst du ihn nie erlernen können, wenn du ihn aber nicht lernen möchtest, so wirst du ihn auch nie erlernen: "Sei offen und weit wie der Himmel - und du bist auf dem Weg"

Ich habe diese Geschichte an den Anfang meiner Erörterung gestellt, weil sie mehr über das Wesen der Meditation auszusagen vermag, als viele gelehrte Bücher. Wer sich für das Thema Meditation interessiert, wird sich vielleicht zunächst die Frage stellen : "Was ist Meditation eigentlich ?"

Diese Frage ist deshalb schwer zu beantworten, weil eine Antwort letzlich auf die Beschreibung eines Seinszustandes hinausläuft, der sich mit Worten kaum wiedergeben lässt.

Im eigentlichen Sinn ist Meditation eine Erfahrung, eine spezifische "Lebensqualität". So gesehen gibt es Menschen, die sich in einem meditativen Zustand befinden, und solche, die man als nichtmeditative Menschen bezeichnen könnte. Meditation meint den Grad der Bewusstheit, in der ein Mensch lebt.

Es kommt mir in diesem Zusammenhang besonders darauf an zu unterscheiden zwischen dem, was Meditation ihrem Wesen nach ist (inhaltlicher Aspekt), und andererseits den verschiedenen Wegen (formeller Aspekt = Meditationstechniken), die uns dabei behilflich sein können, in einen meditativen Zustand hineinzufinden. Denn leider allzu oft wird die Meditationstechnik mit dem, was Meditation eigentlich ist, verwechselt.

Wir können zwar verschiedene Grade der Tiefe, oder Intensität der Meditation unterscheiden, im Grunde genommen ist das Wesen der Meditation aber den allermeisten Menschen mehr oder minder aus einer entsprechenden Eigenerfahrung vertraut. So gibt es Momente im Leben, in denen wir quasi spontan in einen Zustand der Meditation geraten, Momente nämlich, in denen wir das Leben qualitativ ganz anders erfahren, als im "normalen Bewusstseinszustand".

Es sind dies Augenblicke, in denen wir auf eigenartig intensive, beglückende Weise der Situation, in der wir uns befinden, gewahr werden. Augenblicke, in denen wir betroffen sind von der Schöpfung, sie nicht in schal schmeckender Selbstverständlichkeit an uns vorüberziehen lassen, sondern scheinbar Alltägliches als etwas "Wunderbares" erleben, als würden wir uns der Einzigartigkeit dieses einen Momentes vollbewusst. Ein Erleben, als würde das ganze Sein in uns einbrechen, uns erfassen und durchdringen, Momente, in denen wir wie in der obigen Geschichte: "offen und weit wie der Himmel" sind.

Es geschieht dies meist gerade dann, wenn wir nicht damit rechnen, als stünde eben gerade das "Berechnende" an uns einer solchen meditativen Erfahrung entgegen.

Vielleicht erinnern Sie sich an solche besonderen Augenblicke im Leben - etwa des Berührt-werdens von einem Naturschauspiel, die sie mit Worten niemandem hätten mitteilen können..

Mir wäre es jedenfalls nicht möglich gewesen, Stimmungen, die ich während der intensiven Meditationspraxis von Zen-Sesshins bei Spaziergängen erlebte, so, wie ich sie empfand, weiterzugeben, wie etwa die unaussprechliche Schönheit von im Morgenlicht glitzernden Tautropfen im Kelch eines Kleeblattes oder das Wogen von Rapsfeldern im Wind, das Platschen von Regentropfen mitten ins Gesicht und vieles andere mehr. Es gibt eben ein Erleben, wo selbst bester poetischer Ausdruck wie beschämender Kitsch anmutet, wo Worte nicht mehr über die Lippen wollen, wo nur noch staunende, beglückende Andacht ist. Und eben dieses Erleben, diese Qualität des Da - Seins ist Meditation. Ein Erleben, in dem es keine Spaltung mehr gibt zwischen Beobachter und Beobachtetem, in dem seliges Einswerden liegt mit dem Augenblick, und dem, was da gerade ist. Dieses Erleben kann man nur wortlos mit Menschen teilen, die dies auch erfahren haben.

Es ist überliefert, dass Gautama, der Buddha, bei einer seiner Lehrvorträge eine Rose emporgehalten haben soll. Und während alle anderen Zuhörer auf seine Worte achteten und an den Begriffen "kleben" blieben, verstand nur einer wirklich. Sein Schüler Mahakassapa. Er lächelte nur. Selig und betroffen von diesem einen Moment. Er teilte die Wahrnehmungsqualität Buddhas, so dass sie ihm nicht mehr (mit Worten) mitgeteilt werden musste. Dabei mag das obige Beispiel insofern missverstanden werden, als Meditation nicht nur in Naturidyllen oder den sogenannt schönen Dingen des Lebens gefunden werden kann, sondern ebenso in scheinbar allzu Alltäglichem.

Besonders aus der ZEN - Tradition ist immer wieder überliefert, wie das Geräusch eines kehrenden Besens, oder zerbrechenden Kruges oder die Wahnehmung anderer alltäglicher Ereignisse eine solche Einheits-Schau auslösten. Diese spezifische Art, vom Leben intensiv berührt zu werden, so betroffen zu werden, dass man "aufgeht" in der jeweiligen Erfahrung, von ihr ergriffen ist, die Totalität des Moments erfährt, meint meditatives Sein. Einen Hinweis auf das Wesen der Meditation erhalten wir auch aus der Betrachtung der linguistischen Wurzeln des Wortes Meditation, was wörtlich etwa mit "Weg in die Mitte" übersetzt werden kann.

Wir können darin also auch "Innewerden", eine Verinnerlichung im Sinne einer Zentrierung, eines Einswerdens, eines Gelangens in einen Seinszustand der Mitte sehen. Diese "Mitte", dieses "Eine" drückt aus, dass darin die Polarität von Subjekt und Objekt, von Betrachter und Betrachtetem, von "gegen- ständlicher" Welt aufgehoben wird, und eine "Verschmelzung" wie in einem Liebesakt mit der Schöpfung erfolgt. Bei entsprechender Intensität der meditativen Erfahrung könnte man von einem "orgiastischen" Einswerden sprechen, welches ein Urgefühl des Heil- Seins, im Sinne von Ganz- Sein, von Zugehörigkeit und Geborgenheit in der Schöpfung vermittelt.

Interessanterweise kann man diesen, für die Meditation typischen Wesenszug der Gegensatz-vereinigung mittlerweile auch durch wissenschaftliche Ergebnisse in der Meditationsforschung belegen. So wurde bei Messungen der Gehirnstromaktivität (EEG) von Meditierenden als meditationsspezifisches Phänomen das gleichzeitige Vorhandensein von Wellenmustern die für Schlafbewusstsein typisch sind, mit solchen des Wachbewusstseins festgestellt. Ein EEG- Muster also, welches zugleich "nächtliche Entspannung" (im Symbolischen der weibliche Archetyp / Yin !) als auch "taghelle Wachheit" (Symbol des männlichen Archetyps / Yang) beinhaltet.

Üblicherweise kennen wir in "normalen" (nicht meditativen) Bewusstseinszuständen nur Wachheit oder Schlaf. Die entsprechenden Gehirnstrommuster existieren voneinander getrennt entweder tagsüber oder nachts. Nicht so in der Meditation, wo nicht nur Gleichzeitigkeit beider für Wachheit und Schlaf typischer Wellenmuster gegeben ist, sondern auch eine - wie die Wissenschaft entdeckte- ungewöhnliche Gleichmäßigkeit und Rhythmisierung jeglicher vorhandenen Wellenform - die Tendenz aller Bereiche des Gehirns, zu harmonisieren und im Gleichklang zu pulsieren.

Was sich hier in der nüchternen Messbarkeit von Gehirnstromwellen abbildet, ist aber nichts anderes als die "unio mystica" einer Verschmelzung "des Weiblichen" mit "dem Männlichen". In dieser Hoch - Zeit von Yin und Yang liegt ein an die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau erinnernder rhythmischer Gleichklang, der sich gleichsam mit zunehmender Intensität der Meditation auf eine orgasmusähnliche Einheitserfahrung hinentwickelt. Oder auch ein "hermaphroditischer" Geisteszustand von gelöster Wachheit.

Um noch ein wenig in der für die esoterische Betrachtungsweise so typischen gleichnishaften Sprache zu bleiben, so liegt in der meditativen Erfahrung die Durchdringung der männlich/weiblich - Polarität in der Form der "Verklärung" (=Licht, Tag, männlich, Yang ) des "Weltlichen", "Materiellen" (=mater, matrix, weiblich, dunkel, Nacht, Yin), einer Erfahrung des "Himmels auf Erden".

Unter der formellen Seite der Meditation verstehe ich die tradiierten oder neu gefundenen Techniken, die dabei helfen sollen, in den o.g. meditativen Zustand zu gelangen. Häufig werden dabei diese Techniken selbst für "Meditation" gehalten, und damit -wie schon oben erwähnt- das Vehikel mit dem Ziel, wohin es tragen soll, verwechselt. Die Frage nach der (Meditations-)Technik hat aber nur Bedeutung hinsichtlich der Geeignet-, oder Ungeeignetheit für bestimmte Menschen bzw. Entwicklungsphasen.

So sind beispielsweise für Menschen, die damit beginnen sich für Meditation zu interessieren, Meditationsformen mit bildhaften, imaginativen Inhalten in der Regel geeigneter, als Meditationen der Leere, wobei wir bei "Vorstellungsmeditationen" genau genommen nur von "Vorstufen" der eigentlichen Meditation sprechen dürfen. Auf einen kurzen Nenner gebracht, dient die Fülle an formell verschiedenen Meditationstechniken dazu, der Verschiedenheit der Menschen und ihrer verschiedenen Entwicklungsstadien Rechnung zu tragen, nach dem Motto : Jedem das Seine.

Die Palette verschiedener Meditationstechniken ist sehr groß:

Sie reicht bei großzügiger Auslegung des Begriffes Meditation von imaginativen Techniken, wie etwa katathymem Bilderleben und geführten Traumreisen, über Visualisierungsübungen, kontemplative Meditationen, Mantrameditationen, Bewegungsmeditationen (zB. Taiji, Sufi Tanz) bis hin zu Achtsamkeitsmeditationen, Vipassana, ZEN, Yoga, Mahamudra, und formlosen Meditationen.

Die Grenze zwischen Meditationen im weiteren Sinne, und den eigentlichen Meditationen ist dort zu ziehen, wo mit Meditation etwas erreicht werden möchte. Solche Formen würde ich als "Pseudomeditationen" bezeichnen, weil Sie das für die Meditation so wichtige Kennzeichen der Absichtslosigkeit nicht erfüllen, und durch ihre suggestiven oder autosuggestiven Inhalte von einem -der eigentlichen Meditation fremden- Berechnungsmoment getrübt sind.

-Denn im eigentlichen Sinne "will" Meditation gerade nichts, sondern beschränkt sich auf die Wahrnehmung des Vorhandenen, mischt sich nicht ein, sondern lässt geschehen. Nutz-, Zweck-, oder Verwertungsgesichtspunkte sind dem Wesen der Meditation fremd. Meditation bedeutet Ein- Verstanden- Sein, ist Absichtslosigkeit. -Aus dem Zuletzt Gesagten kann schon entnommen werden, dass eigentlich alles dazu dienen kann, "Gegenstand" einer Meditation zu sein, da das Wesen der Meditation eigentlich mehr die Art und Weise meint, wie wir uns auf eine Situation einstellen und mit ihr umgehen, und weniger, was wir tun.

Um dieses Wie präzise erfassen zu können, ist es hilfreich, die verschiedenen Meditationstechniken auf ihren gemeinsamen Nenner hin zu untersuchen. Wenn es uns nämlich gelingt herauszufinden, welche Wesenszüge Meditationsformen -unabhängig von ihrem kulturellen Background- kennzeichnen, so könnten wir gleichsam "die Meditationstechnik schlechthin" definieren als die günstigsten Voraussetzungen, unter denen sich meditatives Bewusstsein ergibt. Bei einer solchen Untersuchung finden wir in fast allen Meditationstechniken die im Folgenden beschriebenen "Bestandteile".

Da sind zunächst Konzentration oder Sammlung zu nennen.

Ich habe hier die Begriffe Konzentration und / oder Sammlung verwendet, weil sie mir noch am geeignetsten erscheinen, das zu umschreiben, auf was es hier vor allem ankommt, obwohl ich mir bewusst bin, dass der alltägliche Sprachgebrauch hier unsauber ist. Denn unter Konzentration verstehen wir üblicherweise eine Einschränkung unserer Aufmerksamkeit und eine Fixierung auf etwas ganz Bestimmtes. Konzentration meint -so gesehen- Be-, und Ausgrenzung zugunsten eines Wahrnehmungsbereiches, dem wir besondere Aufmerksamkeit schenken.

In alten Meditationsanweisungen, wie beispielsweise dem Pali-Kanon ("Visuddhimagga") wird denn auch von der sogenannten "Einspitzigkeit" des Geistes bei der Meditation gesprochen. Das Paradoxe im Wesen der Meditation ist aber gerade, dass wir zwar unsere ganze Energie "bündeln" und damit auch "konzentrieren" sollen und unsere Wahrnehmung ausschließlich dem Akt der Meditation widmen sollen, dabei aber nicht "ausschließend" in dem Sinne zu werden, dass wir uns gegen etwas Bestimmtes ab- grenzen. Unsere Bewusstheit gleichzeitig zu sammeln, und doch offen für alles zu bleiben, mag zunächst als Widerspruch erscheinen.

Doch diese vermeintliche Widersprüchlichkeit müssen wir immer dort in Kauf nehmen, wo wir uns darum bemühen, der Wahrheit näher zu kommen. Nur sehr periphäre "Wahrheiten" lassen sich mit widerspruchsfreier Logik "erklären", während dort, wo wir uns der "Mitte der Dinge", dem "Meditativen" nähern, dialektische Formulierungen, die auf den ersten Blick unlogisch zu sein scheinen, die einzige Möglichkeit einer Annäherung an die "unaussprechliche Mitte" darstellen.

Und so können uns Formulierungen wie : "gesammelte Offenheit", "uneingeschränkte Aufmerksamkeit", und "völlige Konzentration auf (Alles und) Nichts" an das eigentlich unbeschreibbare Wesen der Meditation heranführen.

Das Wissen um die Paradoxie des Meditativen hat in manchen Meditationstechniken besonders deutlich Ausdruck gefunden, wie etwa in der Koan - Schulung des Rinzai - Zen, wo dem Meditationsschüler als Hilfestellung zum Erreichen eines meditativen Zustandes die Aufgabe gestellt wird, sich um die Lösung paradoxer "Rätsel", der sogen. "Koans" zu bemühen. Er soll sich beispielsweise mit aller ihm zu Gebote stehenden Kraft darum bemühen, den (klatschenden) "Ton der einen Hand" zu hören, oder mit seinem Bewusstsein "das torlose Tor durchschreiten".

Die Konzentration auf die Paradoxie scheint also den oben beschriebenen Geisteszustand, der sich in den ebenso "paradoxen" EEG- Mustern ausdrückt zu fördern. Dieses Sammeln der Aufmerksamkeit wird von Zen Meistern oft mit dem Bild umschrieben, den Geist davor zu bewahren ,"auszulaufen". Im alltäglicheren Sprachgebrauch könnten wir auch von einer Übung der Sammlung sprechen, die "Zerstreuung" nicht zulässt. Parallel zu der Sammlung und Bündelung der Bewusstseinsenergien beinhaltet Meditation Offenheit, Gelassenheit, Gelöstheit und Entspannung.

Dieser Aspekt des Meditativen wird besonders sichbar in Meditationsformen, die tänzerischen Charakter haben (Tanz der Derwische, Tempeltänze, sacred dance, Taiji, Kampfkünste), oder solchen, die das Singen zum Gegenstand der Meditation machen ("Mantra-Chanting", "Gregorianische Chöre"). Dem Ernst und der Arbeit in der Konzentration steht damit ein spielerisches, elastisch- weiches Moment zur Seite. Dadurch wird sichergestellt, dass aus der Meditation keine verkrampfte Anstrengung wird, keine säuerlich - bigotte Pflichtübung, sondern freudiges "Zelebrieren".

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil von Meditationstechniken ist der Aspekt der Achtsamkeit. Damit meine ich eine beobachtende Haltung des Bewusstseins, ein differenziertes Miterleben, Anteilnehmen am Fluss des Seins. Ein Gegenwärtig- und Präsentsein im Sinne der Bedeutung des engl. Wortes "awareness".

Diese Art der Bewusstheit könnte auch umschrieben werden durch en Begriff : Zeuge sein. Freilich verstehen wir unter Zeugenschaft in der Regel eine vom Objekt der Betrachtung getrennte Warte, während in der Meditation eine fließende Grenze zwischen Beobachter und Beobachtetem gegeben ist. Der Beobachter nimmt sich quasi nicht aus der Situation aus, sondern ist Teil von ihr. Dieser Aspekt wird besonders deutlich in Meditationstechniken, in denen der Beobachtungsschwerpunkt ein in der Person des Meditierenden ablaufender Prozess ist, wie etwa die Wahrnehmung der Atembewegung oder des Gedankenflusses.

Ein wichtiges Element von Meditationstechniken ist auch der Gesichtspunkt der Disziplin . Damit meine ich nicht nur den Willen, sich mit Ausdauer in der Technik, die man sich ausgewählt hat, zu üben, sondern auch die Bereitschaft, ein Lernender zu sein. Meditationstechniken wollen nicht "nebenher" praktiziert werden, sondern verlangen Konsequenz und Kontinuität in der Übung. Meditation ist "Schulung", und so ist die in dem Begriff Disziplin enthaltene Schülerschaft (lat.: discipulus = Schüler) ein wesentliches Kriterium. Meditationsmeister haben dies oft mit dem Satz umschrieben : "Meisterbewusstsein ist Schülerbewusstsein".

Schließlich ist auch der Aspekt der Ruhe entscheidend für die Meditationspraxis. Selbst bei dynamischen Meditationsformen ist es wichtig, sich innerlich "Zeit zu nehmen", und damit die "Stimmung der Ruhe" in die Übung hineinzutragen.

Fasst man alle bisher genannten Kriterien zusammen, so könnte man auch sagen, dass Meditationspraxis durch den liebevollen Umgang mit dem "Gegenstand der Meditation" gekennzeichnet sei, durch das Bedürfnis, sich einer Sache ganz zuzuwenden, sie mit aller Sorgsamkeit so gut zu machen, als man dies eben gerade kann. Dabei darf die Liebe sich selbst gegenüber nicht zu kurz kommen, sonst entsteht verkrampfter, zwanghafter Perfektionismus.

Die Entscheidung für eine spezielle Art von Meditationstechnik bleibt dann mehr der Temperamentsstruktur, Charakterstruktur und Entwicklungsphase überlassen, kann häufig aus der spontanen Zuneigung zu bestimmten Meditationen beantwortet werden, muss aber auch oft mithilfe eines Meditationslehrers oder zB. mit dem Hilfsmittel astrologischer Analyse geklärt werden.

Wenn Sie nach der bisherigen Lektüre ein wenig Lust darauf verspüren, sich selbst auf jenen "Weg ins Zentrum des Seins" zu machen, so möchte ich Sie zunächst einmal einladen, die im Folgenden beschriebene Meditationsübung einmal mitzumachen. Denn Meditation kann durch nichts besser erklärt werden, als durch praktische Eigenerfahrung.

1. Wählen Sie sich einen ruhigen, nicht zu hellen, nicht zu dunklen, wohltemperierten Raum für Ihre Meditation, und sorgen Sie dafür, dass Sie während der nächsten 30 Minuten nicht gestört werden (Tel.etc.)

2. Setzen Sie sich dort so nieder, dass vor Ihnen nichts ist, was Sie besonders ablenken könnte. Sie können sich dabei -soweit Ihnen das ohne Anstrengung möglich ist- auf den Boden setzen (mit Sitzkissen, Meditationsbänkchen o.äh.)- oder, wenn dies leichter fällt, auf einen Stuhl.

3. Stellen Sie sich ein Wecksignal (zB. Küchenwecker abgedämpft) so, dass es Ihnen nach 25 Min. das Ende der Meditation ankündigt.

4. Bei der Sitzhaltung ist wichtig, dass Sie sich nicht anlehnen, sondern ohne Unterstützung aufrecht sitzen. Dies ist ganz einfach, wenn Sie sich eine Sitzunterlage (Kissen) so unterlegen, dass das Becken ein wenig nach vorne kippt, und so ein leicht angedeutetes Hohlkreuz entsteht. Pendeln Sie -am besten mit geschlossenen Augen- ein wenig nach vorne und zurück, oder auch leicht kreisend, um so zu spüren, wann sie aufrecht sitzen, ohne Muskelunterstützung dazu zu brauchen. Besonders sollten Sie darauf achten, daá der Nacken gestreckt ist, indem Sie Ihren Hinterkopf an eine imaginäre Wand anlegen und Ihr Kinn dabei nach unten zur Brust nehmen.

5. Legen Sie die rechte Hand mit der Handfläche nach oben auf Ihren Schoss, sodass die Handkante mit dem kleinen Finger am Bauch anliegt, und legen dann die Linke ebenso auf die Rechte. Die beiden Daumenspitzen berühren sich dabei leicht.

6. Öffnen Sie nun die Augen ein wenig und legen den Blickschräg nach unten etwa 1 Meter vor sich ruhig ab. Er soll während der Meditation dort ruhen bleiben.

7. Ihre Zunge liegt hinter den leicht geschlossenen Zähnen am Gaumen.

8. Atmen Sie ein paar Mal tief durch, und lassen beim Ausatmen bewusst alles noch Störende von sich abfallen.

9. Überlassen Sie nun Ihren Atem ganz sich selbst, und beobachten ihn lediglich, wie er kommt und geht. Dabei mag es anfangs hilfreich für die Konzentration sein mit jedem Ausatemzug mitzuzählen, bis Sie bei 10 angelangt sind, und dann wieder von vorne zu beginnen, solange, bis der Wecker das Ende der Meditation anzeigt.

10. Was auch immer sonst geschehen mag, lassen Sie geschehen. -Gedanken kommen und gehen, wie Wolken am Himmel- Gefühle und Körperempfindungen kommen und ziehen vorüber wie Ufer. Der Strom des Atems aber trägt Sie -wie er auch immer fließen mag- langsam oder schnell, tief oder flach, nach und nach ruhiger werdend bis zum Ende der Meditation.

Wenn nach 25 min der Weckton erklingt, bleiben Sie noch ein wenig sitzen, und spüren nach. Tun Sie jetzt das, was Ihnen besonders wohl tut. Vielleicht möchten Sie sich mit den Händen über Gesicht und Kopf streichen, sich strecken oder rekeln, als hätten Sie gerade einen entspannenden Schlaf erlebt. Mag sein, daá Sie sogar schon nach dieser ersten Meditation die Dinge ein wenig anders sehen und tun. Ein wenig mehr vielleicht in die Richtung : "Offen und weit wie der Himmel".

 

Zweiter Teil: Die Formenvielfalt der Meditation