Qigong für Manager
von Nicolaus Klein
Qigong für Manager. Gibt es das überhaupt? Oder stehen vielmehr Leistungsdruck und männliches (man-)aging in unüberbrückbarem Widerspruch zu der Kultur der Stille, aus der sich Bewegungsmeditationen wie das ca. 5000 Jahre alte Qigong entwickelt haben?
Ich möchte versuchen mit diesen Zeilen eine Brücke zu bauen zwischen den zwei Welten, um gerade Menschen in anstrengenden Führungspositionen eine Chance zu geben, die wunderbar regenerative und gesundheitsfördernde Wirkung des Daoyin-Qigong am eigenen Leibe zu erfahren.
In meinen Seminaren durfte ich immer wieder erleben wie erstaunlich schnell selbst gravierende Krankheitsbilder durch diese einfachen Übungen Heilung finden. Besonders deutlich war das an Diabetikern zu beobachten, die mit Blutzuckerwerten über 300 (Norm 80-120) angereist kamen und bereits nach 2 Seminartagen bei 90 lagen, ein guter Normwert, der während der 7-tägigen Seminare auch ohne weitere Medikation(!) kontrolliert konstant blieb.
Gerade bei chronischen Erkrankungen in den verschiedensten Bereichen (Herz-Kreislauf, Atemwege, Bewegungsapparat - Wirbelsäulenprobleme) haben sich Qigong-Übungen sehr bewährt.
Menschen in leitenden, selbstverantwortlichen Positionen leiden besonders gerne an "Überlastungserkrankungen" im Herzkreislaufbereich (zB.: Bluthochdruck) und Bewegungsapparat (zB.: Bandscheibenvorfall). Ursachen dafür sind nicht nur -funktionell gedacht- Bewegungsmangel und Dauerstress, sondern oft genug seelische und geistige Dysharmonie. Deshalb hilft hier auch Ausgleichssport nur sehr bedingt, da ihm die für Geist und Seele so wichtige meditative Komponente fehlt.
Qigong-Übungen dagegen sind von ihrem Wesen her reine Meditationsübungen, sowohl in stiller als auch in bewegter Form.
In ihrer ältesten Variante (Daoyin-Qigong) handelt es sich dabei um Tierimitationen, geboren aus der Bewunderung für die Anmut des Natürlichen, welche dem modernen Menschen gänzlich verloren gegangen ist. Ein afrikanischer Bischof soll zu einem weißen Kollegen einmal gesagt haben: "Wenn man mit den Weißen Mitleid haben möchte, muss man Ihnen beim Tanzen zuschauen". In der Tat haben wir uns in unserer kopflastigen Gesellschaft so weit von animalischer Anmut entfernt, dass dies bereits gesundheitliche Konsequenzen für uns hat. Und nicht nur das. Denn die Dysharmonie im Verhältnis Körper-Seele-Geist wirkt sich auch fatal auf die geistige Leistungsfähigkeit aus, die uns ja besonders wichtig erscheint. Ein alter Lateinersatz: "mens sana in corpore sano" (ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper) weist uns ebenfalls auf diese Zusammenhänge hin. Der berühmte Bewegungstherapeut Moshe Feldenkrais entdeckte in seiner körperzentrierten psychotherapeutischen Arbeit die Parallelen zwischen der Unbeweglichkeit des Körpers und einer dieser entsprechenden mangelnden geistigen Flexibilität.
Daoyin-Qigong führt nun einerseits durch die einfachen, fließenden, sanften und ruhigen Bewegungen zu höherer körperlicher (und damit geistiger) Beweglichkeit, die gerade für Menschen in Führungspositionen unerlässlich ist. Daneben trainiert sie im Wege meditativer Achtsamkeitsschulung den Geist auf seine Präsenz im Augenblick. Schließlich verbindet Qigong über die bewusste Atmung die Seele (anima) auf eine Weise mit der Bewegung, die ihr die Anmut des Animalischen verleiht. Dadurch wird es im Laufe der Zeit möglich, die Körperlichkeit auf so angenehm sinnliche Art und Weise zu erleben, dass man sich in ihr geborgen fühlt und tiefe Zufriedenheit erlangt.
Im krassen Gegensatz dazu steht der gestresst kopflastige "Hektomane" unserer Leistungsgesellschaft, der ohne jedes Körpergefühl dezentriert neben sich steht. Wie will man von einem Geist (Bewusstsein), der so "außer sich" ist, klare und weitreichende Entscheidungen erwarten dürfen.
Was besonders bedenklich erscheint ist die Tatsache, dass ein derartig verwirrter Geist sich auch noch sehr schwer damit tut, Übungen, die wie Qigong auf dem Prinzip der Einfachheit beruhen, als effizient zu betrachten, und sich daher gar nicht gern darauf einlässt. Würde man ihm besonders komplizierte Dinge vorschlagen, so könnte er aufgrund seiner eigenen Kompliziertheit daran noch eher Gefallen finden. So bestätigt sich ein deformiertes System fatalerweise immer wieder bis hin zum berühmt-berüchtigten Teufelskreis.
Umso wichtiger erscheint es, den Mut zum Schritt in das unbekannte Einfache zu entwickeln, es ohne Widerstand einmal damit zu versuchen, um so die anfängliche Skepsis durch die positiven Erfahrungen aufzulösen.
Was aber macht nun das Wesen des (Daoyin-)Qigong aus?
Zum einen sind die Bewegungen des Qigong so ausgerichtet, dass sie einen optimalen Energiefluss in den Meridianen, den Energiekanälen des Organismus gewährleisten. Die traditionelle chinesische Medizin definiert alle Erkrankungen, gleich ob körperlicher, seelischer oder geistiger Art, als Störung des Energieflusses im Meridiansystem, beziehungsweise als Dysbalance in diesem Energiesystem. Sie ist also im wesentlichen darauf bedacht, Blockaden zu lösen, die Energie in's Fließen zu bringen und eine größtmögliche Harmonie in dem flusssystem (den Meridianen) herzustellen, sodass es nirgends ein Zuviel (Energiestau) und nirgends ein Zuwenig (Energiemangel) gibt.
Dazu dienen im Qigong ruhige, sanfte, fließende, von bewussten Atemzügen geleitete Bewegungen. Die Bewegungsabläufe sind von genialer Einfachheit, sodass sie niemanden überfordern, gleich, welche Voraussetzungen er mitbringt. Die Einfachheit hat aber gar nichts undifferenziertes, sondern ist vielmehr Ergebnis einer jahrtausende alten Entwicklung. Wahre Dinge sind in der letzten Konsequenz immer einfach, wie wir das etwa auch an den klassischen geometrischen Formen der Meisterwerke der Weltarchitektur beobachten können.
So einfach die Qigongübungen auch sind, so sehr wird zurecht von den alten Meistern immer wieder betont, dass man die einzelnen Übungen auch bei lebenslangem Training nie auslernen könne. Der Grad der Meisterlichkeit im Umgang mit der Übung liegt in der Fähigkeit, sich immer mehr mit dem Bewegungsablauf zu identifizieren, in ihm aufzugehen, ja sich in ihm zu verlieren, so weit, bis schließlich "es sich bewegt". So entsteht ein Bewegungsfluss wie in Trance, der in letzter Konsequenz in das Gefühl völliger Seligkeit mündet, in ein verzücktes Einswerden mit dem fluss des Lebens im Hier und Jetzt. Eine Parallele zu den sakralen Tänzen, die es in allen Kulturen als spirituelles Hilfsmittel gibt, drängt sich geradezu auf.
Nicht die äußerliche technische Perfektion der Übung steht also im Vordergrund (sie ergibt sich vielmehr als natürliche Folge), sondern die widerstandslose Hingabe an den Bewegungsfluss. Immer weicher, immer inniger, immer fließender, immer mehr mit dem sanft strömenden Atem verbunden, entwickeln sich die Übungen zur wahren "Meditation in Bewegung".
Am einfachsten lernen wir bewegtes Qigong durch gefühlvolle Imitation, ein Weg der westlichem Denken suspekt erscheint. Würde der Lehrer uns sagen: "Wir belasten jetzt das rechte Bein mit 70% des Körpergewichtes, das linke mit 30% und drehen den linken Fuß im 90-Grad-Winkel auf.....,während der rechte Arm einen elliptischen Bogen seitwärts beschreibt....", so käme das zwar unserer Kopflastigkeit entgegen, würde aber das ganze System durch "Lernstress" verkrampfen und damit den Energiefluss im krassen Gegensatz zum eigentlichen Ziel behindern.
Naives Imitieren mit der entspannten Toleranz, dabei anfänglich ruhig Fehler machen zu dürfen, führt dagegen zu spielerischer Gelassenheit, die den Energiefluss unterstützt. Die Lernmethode kindlich-spielerischer Imitation führt in einem Bruchteil der Zeit, die kopfgesteuertes Lernen bräuchte, zu besseren Ergebnissen.
Nun aber genug der Theorie. Vielleicht habe ich Sie durch diese kurze Einführung neugierig genug gemacht, dass Sie sich auf das Wagnis eines ersten Versuches mit Qigong einlassen wollen:
-Stellen Sie sich, die Füße in schulterbreitem Abstand, völlig entspannt hin.
-In der Vorstellung hängen sie am Scheitel an einem Faden, der Sie mit dem Himmel verbindet.
-Dadurch können Sie in den Knien etwas nachgeben, so dass das Becken frei aushängen kann, wie ein Anker an einer Ankerkette, ja durch sein Gewicht förmlich die Wirbelsäule in der Länge auseinanderzieht. Der Scheitel zum Himmel gezogen, das Becken wie ein Senkblei am Faden nach unten ziehend, dehnt sich so die Wirbelsäule ohne jegliches Spannungsgefühl im Lendenbereich.
-Sie könnten sich auch vorstellen, wie eine halbgefüllte Wasserflasche im Wasser zu hängen, von der nur der Flaschenhals über die Wasseroberfläche hinausragt, das Körpergewicht also von Auftrieb des Wassers schwerelos getragen wird.
-Der Kontakt der Fußsohlen mit dem Boden ist wohl bewusst.
-Die Zungenspitze liegt am Gaumen, wichtige Energiekreisläufe schließend.
-Die Mimik des Gesichts ist völlig entspannt, als läge ein leises Lächeln in den Augen und um die leicht geöffneten Lippen.
-Nun öffnen Sie gedanklich alle Gelenke indem Sie
-"Schultergelenke" denken... und "öffnen" denken
-"Ellenbogen" denken... und "öffnen" denken...
-"Handgelenke" und "Finger" denken... und "öffnen" denken...
-"Hüftgelenke" denken... und "öffnen" denken...
-"Kniegelenke" denken... und "öffnen" denken...
-"Fußgelenke" und "Zehen" denken... und "öffnen" denken..
-Dann lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf, versetzen Sie sich gedanklich in einen Albatros, der auf 300 Meter hoher Steilküste im saftigen irischen Grün sitzt. Tief unter Ihnen das azurblaue Meer, der weiße Brandungssaum zwischen Land und Meer, frische salzhaltige Meeresbrise, Mövenschreie........und springen ab. Lassen sich, indem Sie Ihre Arme mit dem Einatem sanft und ruhig nach oben, mit dem Ausatem fließend und weich nach unten schwingen....., von der Thermik tragen und fliegen am Brandungssaum zwischen Land und Meer entlang.... 2,50 Meter Flügelspannweite. Lassen Sie sich von dem Gefühl erheben: "Über den Wolken muss die Freiheit wohl unendlich sein".
-Wenn Sie Ihren Kreislauf noch mehr anregen wollen, können Sie auch mit dem Ausatem tiefer in die Knie sinken, die Arme mit dem Einatem alleine nach oben steigen lassen und sich erst wieder mit dem Nach-unten-schwingen der Arme in den Knien wieder etwas aufrichten. So imitieren Sie den Vogelflug: Der Vogelkörper sinkt mit dem Anheben der Schwingen, er steigt, wenn ihn der Flügelschlag nach unten anhebt.
-Fahren Sie mit der Übung fort, bis Sie eine leichte Erschöpfung spüren, keine Überanstrengung! Anfänglich mögen die Schulter und Oberarmmuskeln früh angestrengt sein und der Übung die Grenze setzen. Lieber mehrfach täglich sanft, als zu sportlich-ehrgeizig üben!
-Denken Sie daran: Die Übung ist banalst einfach! Für unseren kritischen Verstand geradezu langweilig anspruchslos. Und doch ist sie erst dann vollendet, wenn Sie dadurch, dass Sie sich mit Haut und Haar auf sie einlassen, sie immer weicher, fließender, anmutiger üben - schließlich vollkommenes Glück in ihr erfahren!
Wer mehr über Qigong erfahren möchte, sei auf mein Buch "Auf den Schwingen des Drachen" mit der dazugehörigen CD hingewiesen, durch die Übungen mit akustischer Anleitung möglich sind oder herzlich zu einem meiner einschlägigen Seminare eingeladen. Info: www.nicolaus-klein.com
Für Interessenten an Firmentrainings: Firmentraining
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